„Meer(deutiges) Erzählen. Thalassale Settings als narrative Projektionsräume des Uneindeutigen in der vormodernen Literatur“
Doppelpanel im Rahmen des 27. Deutschen Germanistentages (25.–28.09.2022, Paderborn)
Themenbereich 2: Phänomenorientierte Zugänge
Konzeption und Leitung des Panels: Dr. Sebastian Holtzhauer (Universität Hamburg), Nadine Jäger, M.A. (Bergische Universität Wuppertal)
Zeit: Mittwoch, 28.09.2022, Panel 1 von 10:30 Uhr bis 12:30 Uhr; Panel 2 von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr
Ort: Raum Q2.122
Das Doppelpanel widmet sich der Fragestellung, wie vormoderne Texte und Textgruppen unterschiedlichste Sinnpotenziale des Meeres nutzen, nebeneinanderstellen und gegeneinander ins Feld führen, um Uneindeutigkeiten narrativ zu entfalten. Dabei geraten zum einen Texte in den Blick, die das Meer zum Handlungsraum ausweiten, um (programmatische) Uneindeutigkeiten in das thalassale Setting zu projizieren bzw. auszulagern: Gottfrieds ‚Tristan‘ etwa hält den Seesturm der Entführungsepisode in der Schwebe zwischen Providenz und Kontingenz, der ‚Münchner Oswald‘ lässt den Raben auf seinen Seereisen zwischen gottgesandtem Boten und wildem Tier changieren und auch die Brandan-Fassungen weisen eine grundlegende Ambivalenz des Meeres als Ort mit positiven wie negativen Eigenschaften und Bewohnern auf. Zum anderen eröffnen diejenigen Texte und Textpassagen einen Zugang zum Thema, die Uneindeutigkeiten zum Beispiel auf metapoetischer Ebene anhand des Meeresraums entfalten, so etwa der ‚merwunder‘-Exkurs in Hartmanns ‚Erec‘.
Die Beiträge orientieren sich an den folgenden Fragen: Welche Ausprägungen von Uneindeutigkeit werden in den thalassalen Raum projiziert und welche Bedeutung nehmen sie für den jeweiligen Text als Ganzes ein? Wie und inwiefern wird Uneindeutigkeit im Rahmen thalassaler Settings allererst erzeugt und wie wird ihr (figuren-, erzähler- oder adressatenseitig) begegnet? Welche Funktionalisierungen (Projektions-, Möglichkeits-, Verhandlungs-, Bewältigungsraum usw.) und Inszenierungen (Ort göttlicher Wunder, teuflischer Gefahren, des Zufalls usw.) erfährt das Meer als Applikationsort narrativer Uneindeutigkeiten?
Panel 1:
Dr. Sebastian Holtzhauer (Hamburg), Nadine Jäger (Wuppertal): Einführung
Prof. Dr. Christiane Witthöft (Erlangen):
Wogende Wahrheiten: Nautische Metaphorik im Skepsisdiskurs hochmittelalterlicher Epik
Johann Roch, M.A. (Erlangen):
Fahrt ins Unwissen? Gestörte Wahrnehmung und die skeptische Herausforderung auf der anderen Seite des Meeres in Konrads von Würzburg ‚Partonopier und Meliur‘
Dr. des. Sebastian Winkelsträter (Bonn):
To Sleep with the Fishes. Unter Wasser mit Achilles in Konrads von Würzburg ‚Trojanerkrieg‘
Dr. Ulrich Hoffmann (Münster):
Die Grenzen des Meeres. Der Strand als Ort des Übergangs und der Veränderung in epischen Texten des 13. Jahrhunderts
Panel 2:
Prof. Dr. Christian Schneider (Osnabrück):
Der Wille der Winde. Meeresräume als Orte der Verhandlung von Autonomie und Heteronomie im legendarischen Erzählen des Mittelalters
PD Dr. Stefan Abel (Bern): ‚wan du daz weist und des wilt nicht gelouben han‘: Die Küste in ‚Brandans Meerfahrt‘ als Ort der Hybridität
Dr. Sandra Hofert (Erlangen): Die Poetiken des Seesturms. Ein Erzählen zwischen Überwältigung und Verstehen im ‚Evagatorium‘ des Felix Fabri
PD Dr. Simone Loleit (Essen):
Das Meer als multiperspektivischer Raum in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Fabeln
Die Ergebnisse des Panels werden in einem eigenen Themenheft in der Zeitschrift ‚Beiträge zur mediävistischen Erzählforschung‘ (‚BmE‘) open access veröffentlicht. Die Publikation ist für 2023 angedacht.
Letzte Aktualisierung: 06.12.2021